John Irving und ich!

Heute kam der neue Irving ‚In one Person‘ mit der Post! Ich nehme das mal zum Anlass meine doch inzwischen weit zurückliegenden Begegnungen mit der Literatur John Irvings Revue passieren zu lassen.

Ich bezeichne mich, ohne mit der Wimper zu zucken, als Fan der ersten Stunde. Mit der kleinen Einschränkung, dass mir das nach meiner ersten Begegnung natürlich noch nicht klar war.

Würde mich jemand fragen, ob es einen Autor oder ein Buch gibt, der/das mein Leben beeinflusst hat, dann lautet meine Antwort spontan: nein, da fällt mir entweder niemand spezielles ein oder es fallen mir ganz viele Bücher ein – die Antwort muss also eher lauten: lesen an sich beeinflusst mein Leben.

Nun liegt hier aber der neue Irving vor mir. Und zu behaupten, er hätte mein Leben NICHT beeinflusst, wäre glatt weg gelogen.

Aber nun der Reihe nach …

1984 (ok, der Zufall will, dass es das Jahr des George Orwell war) bin ich, gerade frisch im Studium, geizig mit meinem kleinen Bücherbudget, beim Stöbern in meiner Lieblingsbuchhandlung (die Geschichte wollte es auch, dass ich viele Jahre später dort meinen ersten Job als Buchhändlerin angetreten habe!) über ‚Garp und wie er die Welt sah‘ gestolpert. Noch in der ersten rororo-Ausgabe, ohne das Baby-Filmcover.

Klar, dass ich mich nach der, viel zu schnell zu Ende gehenden, Lektüre sofort nach weiteren Titeln des mir bis dahin unbekannten Autors umgesehen habe. Schnell folgten ‚Hotel New Hampshire‘ und ‚Lasst die Bären los‘ (mit dem ich zugegebenmaßen nie warm geworden bin). ‚Mittelgewichtsehe‘ und ‚Wassertrinker‘ (unterschätzt!) waren die nächsten. Und nein, ich zähle hier jetzt nicht alle auf 🙂

Wie das aber damals in mageren Studentenzeiten, und auch heute noch unter Freunden üblich ist, hat man die Bücher nicht nur anderen empfohlen, sondern auch ausgetauscht. Heute verleihe ich meine Lieblingsbücher übrigens nicht mehr, zu viele schlechte Erfahrungen in Bezug auf Rückgabemodalitäten, ich verschenke nur noch!

So kam es, dass eine meiner besten Freundinnen Charlotte auch ein großer Irving-Fan wurde. Seit dem Ende der 80er Jahre sind wir beiden ein eingespieltes Reiseteam. Auf einer Tour durch die Bretagne Ende 1989 entdeckten wir die gerade erschienene englische Ausgabe von ‚Owen Meany‘. Ich war damals noch nicht im Buchhandel tätig, Internet noch weit von der heutigen ‚Jedermann-Plattform‘ entfernt, Infos zu fremsprachigen Novitäten hat man meist nur durch Zufall erhalten. Ich kann mich noch so gut an unsere Aufgeregtheit ob dieser Entdeckung im Schaufenster einer französischen! Buchhandlung erinnern.

‚Owen Meany‘ wurde mein erster ‚Original‘-Irving. Mein Englisch war weit davon entfernt gut genug zu sein, um dieses Buch zu lesen. Also musste ein Trick angewendet werden. Beim nächsten gemeinsamen Urlaub im Frühjahr 1990 nach Rhodos gab es für zwei Wochen nur drei Bücher in meinem Gepäck, der Irving, ein englisches Wörterbuch und ein griechisches (das ich natürlich nicht gebraucht habe…).Ich habe das Buch verschlungen, das ich neben ‚Cider House Rules‘ für eines der Besten halte.

Charlotte hat kurze Zeit später die deutsche Ausgabe gelesen, und sich immer gewundert, warum ich im Urlaub an so vielen Stellen gelacht habe. Das war der Moment, wo wir beide feststellten, dass die Übersetzungen zwar hervorragend sind, dennoch viel des Irving’schen Humors verloren geht. So begann vor gut 20 Jahren das Ritual ‚Warten auf den neuen Irving‘ 🙂

Und dann wurde auch noch etwas anderes genau in dieser Zeit geboren, unsere erste gemeinsame USA-Reise, die Begeisterung für Land und Leute (ja, ich kann die Unkenrufe hören, vergesst es, ich habe mir meine eigene Meinung gebildet, was nicht heißt, dass ich blind durch dieses Land reise!) und die daraus resultierenden vielen anderen Reisen, die wir zusammen oder alleine dorthin unternommen haben.

1992 sind wir, damals wirklich extrem naiv, aber mit gehörigem Respekt, auf den Spuren John Irvings nach New England gereist. Vier Wochen auf Campingplätzen, kreuz und quer durch die 6 Staaten im Nordosten der USA, im Regen, Schnee, bei Sonnenschein, auf die Berge der White Mountains gekrakselt, am Moosehead Lake nach Elchen Ausschau gehalten, auf Cape Cod im Atlantik gebadet, in Cambridge und Yale Bibliotheken bewundert, in Maine beinahe einem Skunk zum Opfer gefallen, den Freedom Trail in Boston absolviert, die berühmten überdachten Brücken bewundert, nicht zu vergessen den ‚Old Man of the Mountains‘ gesucht und gefunden, der sich im Nummernschild des ‚Live free or Die‘-Staates New Hampshire wiederfindet, durch endlose Wälder und entlang der zauberhaften Küste Maines. Ich kann mich noch an unendlich vieles erinnern. Nach und nach haben wir uns über die Jahre das Land näher angesehen, letztes Jahr haben wir eine ‚New England Revival Tour‘ gemacht und es war wieder phantastisch.

1992 New England – damals gabs halt noch kein digital…

Ein paar Jährchen und Reisen später war da noch mein Vorstellungsgespräch bei den O’Reillys, 1998. Entgegen aller Erwartungen wollte sich niemand mit mir über Computerliteratur unterhalten, nein, was ich denn gerne lese, wurde ich gefragt. Was daraus entstanden ist? Nicht nur viele tolle Jahre in einem wunderbaren Arbeitsumfeld, auch eine immer noch andauernde (Literatur-) Freundschaft, wo wir uns ‚zurufen‘: „am 8. Mai wird der neue Irving ausgeliefert“.

Ja, ohne Frage, John Irving hat mit seiner Literatur mein Leben beeinflusst!

Heute muss ich gestehen, dass ich zwar immer noch auf jedes neue Buch mit Vorfreude warte, aber schon lange nicht mehr von allen Werken so gefesselt bin. ‚Last Night in Twisted River‘ habe ich zu meiner Schande immer noch nicht gelesen, obwohl Charlotte es mir als ‚echten Irving‘ ans Herz legt. Bei manch anderem brauchte ich zwei oder drei Anläufe bis der ‚richtige Zeitpunkt‘ war. Es stehen alle Bücher im Regal, sie laufen nicht weg, das Buch ist geduldig, irgendwann werde ich soweit sein! So ist das eben mit dem Lesen, man muss bereit sein dafür!

…und jetzt, jetzt stiebitze ich mal rein in ‚In One Person‘ 😉

Wuensche

Ich muss da mal was loswerden, was mir schon eine ganze Weile im Kopf herumspukt, weil es mich beschäftigt. Und da ich ja hier so eine hübsche Plattform habe, lasse ich es jetzt, hier, an dieser Stelle raus und dann ist auch wieder gut, vielleicht, für eine Weile, so über die Tage oder so.

Zu einer meiner Highlights diesen Jahres gehört ein sehr persönlich geführter Rundgang durch die Gebäude unseres deutschen Bundestages in Berlin. Als wir uns im Mai in Berlin zu dieser Besichtigung verabredet hatten dachte ich mir, toll, das ist sicher eine interessante Sache. Was ich nicht erwartet hatte, war die völlig neue Einsicht in den Apparat ‚Demokratie‘. Mal davon abgesehen, dass unser Begleiter selber mit sichtlicher Begeisterung um Ecken gebogen, Treppen auf und ab gestiegen, durch Gänge geeilt ist oder neue Räume erkundet hat, strahlen die Gebäude durch ihre Kombination aus offener Architektur, altehrwürdigem Flair, jeder Menge Hauch von Geschichte, gemischt mit dem Bewusstsein, dass hier einem Ameisenhaufen gleich viele Menschen im Hintergrund ernsthafte, redliche Arbeit leisten, tatsächlich so etwas wie gelebte Demokratie aus.

Am Ende diesen Tages hatte ich den Gedanken, dass wirklich jeder Bürger unseres Landes einmal im Leben ’seine‘ Regierungsgebäude zu sehen bekommen sollte, die Möglichkeit haben sollte wenigstens ansatzweise zu erfahren wie sich Demokratie ‚anfühlt‘.

Ich halte mich selber für einen durchschnittlich politisch interessierten Menschen, ich habe Meinungen zu bestimmten Themen, aber außer, dass ich mein Recht zu wählen nutze und mich versuche über Entwicklungen auf dem laufenden zu halten, bin ich nicht sonderlich aktiv.

Was mir in den Räumen des Bundestages wieder vor Augen geführt wurde, war das Bewusstsein, dass auch die, für uns normalen Wähler manchmal so unnahbar und unantastbar aussehenden Politker, bei näherer Betrachtung zu einfachen Menschen ’schrumpfen‘.

Ich habe viele Jahre einen kleinen Verlag vertreten. Ich habe meine Aufgabe immer sehr ernst genommen und, wie es schon im Namen zu erkennen ist, die Produkte, das Image, die Kollegen nach außen ‚vertreten‘. Das war mein Job, dafür habe ich Geld bekommen, dahinter bin ich gestanden. Zu einer solchen Aufgabe gehört ein hohes Maß an Vertrauen, von allen Seiten. Wenn ich Fehler gemacht habe, dann habe ich sie zugegeben, mich entschuldigt und wenn möglich in Ordnung gebracht, das tut man so, das ist normal, das ist menschlich, das wird von mir erwartet, das erwarte ich von anderen, denn Fehler passieren, jedem, immer wieder.

Unsere Politiker nennen sich ‚Volksvertreter‘, sie sind gewählt, sie haben von ihren Wählern, uns allen, einen Auftrag bekommen, nämlich uns, das Volk, die Bürger, zu vertreten. Sie haben mit unserer Stimme unser Vertrauen bekommen und es wäre wirklich an der Zeit, dass sie sich dieses Vertrauens würdig erweisen.

Ich möchte mich vertreten sehen von Menschen, die ihre Fehler eingestehen können. Ich möchte keine fadenscheinigen Rauswindungsversuche, sondern klare Eingeständnisse und ehrlich gemeinte Entschuldigungen. Ich habe es satt mir anzuhören den Gürtel enger zu schnallen, während meine Vertreter auf höchster Ebene einsäckeln was einzusäckeln ist. Ich will nichts mehr hören von Rückendeckungen, wenn das Kind bereits im Brunnen ertrunken ist. Ich habe es satt, dass schwerwiegende Delikte um des politischen Friedens willen als Bagatellen abgetan werden.

Ich will eine Demokratie, die diesen Namen verdient, ich möchte endlich mal wieder aus Überzeugung meinem Wahlrecht nachgehen und nicht die als ‚geringstes Übel‘ empfundene Partei oder Person wählen, ich will mehr Ehrlichkeit und weniger Wahlkampf, ich will, dass die Politik sich endlich wieder des Vertrauens würdig erweist, dass die Bürger durch ihre Stimme einfordern, ich habe es satt nicht informiert zu werden oder mir Lügen anhören zu müssen, ich will, dass jeder Mensch in diesem unglaublich reichen Land gesehen und vertreten wird und ein Leben in Würde führen kann.

Ich denke, das ist nicht zuviel verlangt! Ich denke es wird Zeit, dass Politiker sich besinnen und ihren Auftrag ernst nehmen! Ich denke es wird Zeit, dass Demokratie als das hohe Gut gesehen wird, zu dem sie sich einmal entwickelt hatte und nicht mehr aus niederen, machtpolitischen Motiven mit Füßen getreten wird!

…naja, es ist Weihnachten, da kann man doch mal Wünsche äußern!

Reise-Kuechen-Gadget

Nachdem die Kollegen vom O’Reilly Verlag einen Küchengadget-Blog-Aufruf gestartet haben, hab ich mich in meiner Küche mal umgeschaut, ob ich auch was würde beitragen können.

Tja, irgendwie bin ich wohl nicht so die ‚Küchenfrau‘, aber da mich die beste USA-Campingurlaubs-Reisepartnerin aller Zeiten aufgrund meines superpraktischen, handlichen Überlebens-Schweizer-Taschenmessers ‚MissGyver‘ getauft hat, sollte es hier doch zumindest eine Erwähnung finden. Jaaa, ihr Jungs da draußen, ihr werdet mich selten ohne mein liebstes ‚Gadget‘ antreffen!

OK, ich gestehe, zum Dosen öffnen wird es eher selten verwendet, das eigentliche Einsatzgebiet liegt hier…

Neeee Leute, nicht zum Ananas schneiden …

…womit wir ohne auch nur ansatzweise über eine geschickte Überleitung nachdenkend wieder in meiner Küche landen! Bei den …

Tassen.

Nein, es sind nicht übermäßig viele, aber doch mehr als ich jemals brauchen werde.

Nun sind wir uns wohl darüber einig, dass es nicht immer darum geht etwas ‚unbedingt zu brauchen‘.

Ich liebe es, von Reisen eine besondere Tasse mitzubringen. So hat es sich auf den Campingreisen in den USA zu einem geliebten Ritual entwickelt, am ersten Tag auf die Jagd nach einer Tasse zu gehen, aus der in den folgenden Wochen dann vom morgendlichen Tee, über Saft, Wasser, Kaffee bis hin zum abendlichen Wein alles getrunken wird.’Die Tasse‘ ist das meist gespülte Geschirrteil auf Reisen.

Der eigentliche Mehrwert des (meist einzigen) Souvenirs zeigt sich aber erst zu Hause. Natürlich ist die neu erworbene Tasse für Wochen der Favorit unter den Schätzen, und ebenso haben sich über die Jahre Alltime-Favoriten herauskristallisiert, aber niemals hat auch nur eine das Schicksal des völlig ignoriert werdens erleiden müssen!

Selbst an einem muffeligen Morgen ist es mir ein stilles Vergnügen aus dem Sortiment zu wählen und mich zumindest kurzzeitig an den jeweiligen Ort zu versetzen – ist mir heute wohl nach New York oder lieber Niagara Falls, steht Boston auf dem Programm oder Barcelona, Ampelmännchen aus Berlin oder gestehe ich mir ehrlich ‚I don’t do mornings‘ zu?

Nicht die schlechteste Art, den Tag zu beginnen, finde ich 🙂

Im Sommer kam noch ein ganz besonderes Stück zur Sammlung hinzu, und ich freue mich immer noch, wenn ich den Spruch von Heinrich Heine lese, den man mir zugedacht hat und der so wunderbar zu mir passt:

„In meinem Hirne rumort es und knackt, ich glaube da wird ein Koffer gepackt, und mein Verstand reist ab – o wehe – noch früher als ich selber gehe“ 🙂

In diesem Sinne, bis morgen dann!

…über wandern, reisen, lesen, schauen, reden…