Im letzten Beitrag zu meiner Reise nach Usbekistan wollte ich ganz einfach einen Einblick in die Sehenswürdigkeiten des Landes geben. Nicht so sehr textlastig – das meiste kann man in diesem Internet nachlesen 😉 – mehr durch Fotos.
Dieser Blogbeitrag wird meine Eindrücke zu den Menschen wiedergeben. Schon klar, dass das nur sehr persönlich, sehr subjektiv und nach der kurzen ‚Touristenzeit‘ nur ein kleiner Einblick sein kann.
Wie schon erwähnt, war dies mein erster Besuch in Zentralasien, um genau zu sein, in Asien überhaupt. Man läuft so durchs Leben mit ein paar Vorstellungen, die ich ganz bewusst nicht Vorurteile nenne, weil ich eigentlich kein Mensch bin, der vorschnell urteilt. Ich mache mir schon gerne selber ein Bild. Also bin ich mit ein paar Tipps bestückt, viel Neugier und gespannter Erwartung in den Flieger gestiegen.
Was kam hat mich trotz aller Offenheit überrascht – positiv!
Ich muss dazu auch noch sagen, dass ich auf Reisen, im Urlaub offener und wesentlich entspannter bin, als im Alltag. Toll wäre es, dieses ‚Reise-Gefühl‘ in die Heimat mitnehmen zu können, leider gelingt mir das immer nur für kurze Zeit. Es muss eben ab und zu durch eine weitere Reise neu angestoßen werden!
Nun aber zu Usbekistan.
Meine Eindrücke
Während der kompletten Reise von der Ankunft am Flughafen in Taschkent bis hin zur frühmorgendlichen Abreise wurden wir betreut von Maria. Quasi rund um die Uhr, in nahezu fließendem Deutsch. Sie war nicht einfach nur
Reiseleiterin, sondern eine echte Bereicherung. Auf den langen Busstrecken hat sie uns viel über das Land erzählt. Die meisten Informationen zu Usbekistan habe ich aus ihren – natürlich – subjektiven Erzählungen. Das waren nicht immer nur positive Dinge. Sie hat keine rosarote Brille aufgehabt, aber – und auch das ist nachvollziehbar – die Entwicklung des Landes seit der Unabhängigkeit 1991 wird überwiegend positiv dargestellt und Stolz schwingt in der Stimme mit.
Überhaupt, das mit dem Stolz. Selten habe ich einen so angenehmen, ruhigen Stolz in einem Land gespürt. Vom Gefühl her würde ich sagen, die Usbeken suchen noch ein wenig nach ihrer Identität, die in der langen Zeit als Sowjet-Republik unterdrückt war. Trotz der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, der klar zu unterscheidenden Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land, scheint es ein Nationalbewusstsein zu geben. Es wird noch viel russisch gesprochen, aber usbekisch ist Amtssprache.
Überall im Land fahren weiße Chevrolets herum, meist kleine flinke Versionen. Auf meine Frage, ob es einen Exklusivvertrag mit Chevrolet gibt, kam die ziemlich stolze Antwort „nein, das sind usbekische Autos, es gibt ein Werk hier im Land, die werden alle hier in Usbekistan gebaut“. Unabhängigkeit und eigene Produktion sind wichtige Errungenschaften. Dass es politisch, marktwirtschaftlich, gesellschaftlich nicht zu übersehende Schattenseiten gibt, will ich hier nicht verleugnen, auch wenn versucht wird, diese vor uns Touristen versteckt zu halten.
Egal wo wir hinkamen, die Menschen waren alle unglaublich freundlich. Der Tourismus hat noch nicht das Maß erreicht, dass er als aufdringlich empfunden wird. Eher im Gegenteil, die Touristen werden angelächelt, man grüßt sie und schleicht um sie herum in der Hoffnung ein Foto zu erhaschen. Alte Frauen kamen zu uns und murmelten grinsend auf uns ein. Und nein, ich hatte nicht den Eindruck, dass wir verflucht wurden, eher sowas wie gesegnet.
Am offensten waren die Schüler und Jugendlichen. In der Schule ist ab der 4. Klasse eine europäische Sprache Pflicht. Englisch und deutsch vorneweg, aber auch französisch und spanisch. Beim Besichtigen der Sehenswürdigkeiten oder beim Bummel durch Chiwa wurden wir immer wieder umringt von Schulklassen, die ihre drei englischen Sätze loswerden wollten: „where are you from?“, „whats your name?“ und … hey, das fragt man doch nicht 😉 „how old are you?“. Wenn man dann zurück fragt nach dem Namen, prasselt eine Lawine an für unsere Ohren schwer verständlichen Vornamen auf einen herab. Und alles mit einem Lachen im Gesicht und fröhlicher Unbeschwertheit. Das Highlight bildet das Selfie mit Tourist oder noch besser, mehreren Touristen. Ein Riesenspaß, so oft bin ich wohl noch nie fotografiert worden. Übrigens doppelt erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Bevölkerung dem Islam angehört.
Begegnungen
Diese Zwischenüberschrift müsste fast heißen ‚Begegnungen mit der nicht-touristischen Seite‘. Was nicht heißen soll, dass dieser ungeplante Ausflug in die Welt der Usbeken weniger freundlich oder hilfsbereit verlaufen wäre. Ganz im Gegenteil.
Sie hatten mich herausgepickt, diese berühmt-berüchtigten Keime, die das Verdauungssystem über die Maßen anregen. Beim Abendessen am ersten Abend in Buchara ist es passiert, die Ursache, ob schmutziges Glas oder Nahrungsmittel (ich tendiere zu ersterem, da die anderen nichts hatten und das Bier mir nicht schmeckte 😉 ), ist nicht mehr nachzuvollziehen.
Schon am Abend gings los, die ganze Nacht, am nächsten Tag war Bettruhe im Hotelzimmer angesagt und leichtes Fieber gesellte sich auch noch dazu. Das veranlasste zur Sorge, sowohl bei einem – zu meinem großen Glück – mitreisenden Arzt aus unserer Gruppe, als auch bei Maria und dem mitreisenden Direktor des lokalen Reiseunternehmens, Bachtior (keine Ahnung ob das richtig geschrieben ist…).
Nachdem ich den ganzen Tag nichts anderes als das – zugegeben ziemlich schöne – Hotelzimmer gesehen hatte, wurde abends beratschlagt, was weiter mit mir zu tun wäre. Unsere heimischen Mittelchen gegen Darmkeime halfen alle nichts und so entschieden wir uns, es erstmal mit einem Antibiotikum zu versuchen, das unser Arzt in der Gruppe dabei hatte. Das Fieber war daraufhin am Morgen weg und ich war eigentlich hauptsächlich schlapp. Der Durchfall sollte allerdings noch zwei weitere Tage anhalten. Es wurde also beschlossen, dass ich bis mittags im Hotel ausruhen sollte, um dann am frühen Nachmittag gemeinsam mit der Gruppe weiter nach Samarkand zu reisen. Ich fand das einen guten Plan und freute mich auf ein paar Stunden Ruhe im bereits hinlänglich bekannten Hotelzimmer 🙂
Es stellte sich allerdings heraus, dass Bachtior andere Pläne hatte. Zugegeben, aus Fürsorge, leider nicht ganz durchdacht. Er hatte beschlossen, eine Untersuchung im Krankenhaus muss sein. Taxi war schon bestellt und – zu meinem großen Glück – eine Reiseleiterin vor Ort, die fließend deutsch sprach und zudem auch noch super nett war – Ranu (auch hier keine Garantie bezüglich Schreibweise).
So wurde ich bei gefühlten 40°C in einem nicht-klimatisierten Taxi durch die halbe Stadt in ein Krankenhaus chauffiert. Was mich dort erwartete hat mich schockiert.
Wir hatten ja bisher immer nur das touristische Programm abgearbeitet. Waren in schicken sauberen Hotels, sind durch saubere Straßen zu hergerichteten Sehenswürdigkeiten gelaufen, fuhren in einem klimatisierten Bus durch das Land, aßen in schmucken Teestuben oder Restaurants Essen, das für unsere westlichen Mägen verträglich war.
Hier begegnete mir, was leider leider immer wieder passiert, wenn Geld in den Tourismus gesteckt wird, der Devisen bringt, die eigene Bevölkerung aber auf der Strecke bleibt. Und ich möchte das hier ganz bewusst nicht als Kritik an irgendeinem dieser Menschen sehen, die mir im Krankenhaus begegnet sind. Unglaublich hilfsbereit und freundlich, aber die hygienischen Verhältnisse dort waren katastrophal. Behandlungszimmer, in denen drei Personen gleichzeitig untersucht wurden, eine Toilette, die quasi nicht benutzbar war, keine Möglichkeit zum Händewaschen und das Gefäß für die Stuhlprobe mussten sie schnell improvisiert zurechtschneiden.
Dann stellte sich heraus, dass ich zwar keinen schlimmen Keim erwischt hatte, zur ‚Behandlung‘ aber in ein anderes Krankenhaus sollte. Dass ich mich weder hier noch sonstwo hätte behandeln lassen, war mir schnell klar. Nun war die Maschinerie aber am Laufen und es ging in einem Krankentransport (etwas größeres Taxi ohne Klimaanlage) zum nächsten Krankenhaus. Inzwischen hatte ich Zeit mich mit Ranu näher zu unterhalten. Es stellte sich heraus, dass sie nicht nur einen Monat in Deutschland in Augsburg gelebt hat, sondern auch noch im gleichen Stadtteil wie ich und alle Läden und Kneipen dort kannte. Das nenne ich mal einen tollen Zufall. Ihr fließendes Deutsch hat es mir ermöglichst klar zu machen, dass ich keine hiesigen Medikamente nehmen würde.
Da die ‚Turisti‘ inzwischen sowohl bei den hiesigen Behörden als auch der deutschen Botschaft gemeldet war, einigten wir uns auf eine ‚Behandlung‘ mit einem Elektrolyt-Getränk in abgekochtem! Wasser. Hier gab es eine Sonderbehandlung – da bin ich mir sicher – in einem sehr sauberen Raum mit zwei Betten.
Danach durfte ich endlich wieder im heißen Taxi zurück ins Hotel. Die gesamte Aktion dauerte über drei Stunden, in denen ich gerne im Hotelzimmer ausgeruht hätte. Aber sind wir mal ehrlich, das ist eine Episode, die nicht jeder so erlebt und ich fand es unglaublich wichtig und interessant auch diese Seite des Landes kennengelernt zu haben.
Es ist mir ganz wichtig hier nochmal zu betonen, dass alle Menschen, denen ich begegnet bin, höflich, hilfsbereit, zuvorkommend, freundlich waren. Selbst andere Kranke in den Krankenhäusern haben freundlich gelächelt und ich bin überzeugt, wenn es ihnen möglich gewesen wäre, hätte der ein oder andere sicher ein Foto machen wollen 🙂 .
Für mich ging an diesem Nachmittag die Reise im Kreis der Gruppe wieder weiter durch die Wüste über holprige Autobahnen nach Samarkand.
…und wer sonst noch erwähnt werden sollte
Maria hat uns, wie bereits erwähnt, die gesamte Reise begleitet und sich auch darum gekümmert, dass wir z.B. immer was zu essen bekamen. Sie hat Teestuben oder Restaurants vorgebucht und uns mit Infos über die Gerichte versorgt und für uns übersetzt. Mit unermüdlicher Geduld!
In den Städten wiederum hatten wir jeweils lokale Reiseführerinnen, die alle ein fantastisches Deutsch sprachen. Es scheint tatsächlich die Sprache zu sein, die neben englisch am meisten auf den Universitäten studiert wird. Für uns war das natürlich super.
Last but not least, unser Busfahrer Djassur. Immer freundlich, immer ein Lächeln auf den Lippen und eine fröhliche Begrüßung. Jeden Morgen beim Einsteigen in den Bus gabs den Daumen hoch und wir bemühten uns, uns mit einem ‚Danke‘ auf usbekisch zu revanchieren. Mehr war sprachlich leider nicht drin, aber eine ganze Woche gemeinsam unterwegs fühlt sich dann fast wie ein ‚man kennt sich ein bisschen‘ an.
Bestimmt gäbe es noch viel mehr zu den menschlichen Begegnungen zu sagen, so vieles habe ich aufgesaugt, aber ihr habt ja schon ganz schön durchgehalten bis hierher und manches erzählt sich leichter in einem persönlichen Gespräch.
Es wird dann doch noch einen dritten Artikel zu Usbekistan geben, denn die Eindrücke von unterwegs, beim Fahren durchs Land, die fehlen ja noch.