Ein Ziel vor Augen und Zeit sich mal wieder zu erinnern

Erinnern

Ich möchte mich erinnern. Oder sagen wir mal so, es ist diese Zeit im Jahr, da erinnere ich mich einfach.

Anfang September 2011, am 5., um genau zu sein, ging es los. In Richtung, was ich heute oft ‚die große Reise‘ nenne. Es war ja nicht einfach nur eine Reise in ein anderes Land, es war auch eine lange Reise zu mir selbst. In den sieben Jahren, die inzwischen vergangen sind, bin ich mir dennoch immer mal wieder verloren gegangen. Vermutlich wird das auch in Zukunft der Fall sein. Wichtg ist das Wiederfinden.

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass das Leben in 7-Jahres-Zyklen verläuft. Vielleicht ist es auch einfach Zufall, dass ich mich seit einigen Tagen intensiv an diese Reise vor sieben Jahren erinnere. Vielleicht sind auch die sozialen Medien schuld, die mir Erinnerungen in meine Timeline schicken.

Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass ich, nachdem der Schock meiner seltsamen Erkrankung nachgelassen hat, etwas bewusster ins Leben schaue. Gesundheitliche Einschnitte ins Leben sollten uns zu denken geben. Auch oder gerade wenn die Gesundheit wieder hergestellt werden kann. Es ist ein Weckruf, so ungern ich diesen Begriff verwenden mag.

Ich denke also gerade viel über diese Reise nach, eben weil ich das Gefühl der Freiheit vermisse. Der Freiheit, mich morgens spontan zu entscheiden, wo ich hinfahren will, was ich machen möchte oder anschauen. Oder vielleicht gar nichts ändern und einfach an Ort und Stelle bleiben will. Der Freiheit zu entdecken, was diese Freiheit mit mir macht und sich darauf auswirkt, wie andere mich sehen. Der Freiheit, mir darüber gar keine Gedanken machen zu müssen, sondern es einfach geschehen zu lassen.

Ich weiß, dass ich das alles hier in meinem Alltag auch können sollte, aber es geht eben immer wieder verloren. Die Kunst liegt darin, das Erlebte nicht nur in einem geschützten ‚Reiseraum‘ zu lassen, sondern es in das alltägliche Leben einzubauen.

Ich habe das schleifen lassen, auch weil ich (noch) nicht dazu bereit war meine Aufmerksamkeit darauf zu legen, dass ich mehr Regenerationszeit brauche. Stress schneller aufgebaut wird und langsamer abgebaut. Mein Körper musste mich darauf aufmerksam machen und lange Monate habe ich es immer noch ignoriert.

Vor ein paar Wochen konnte ich den Schalter endlich wieder umlegen. Ich arbeite daran, mehr für mich zu tun und mich vom Stress zu entfernen. Es klappt natürlich nicht sofort, aber der Start ist entscheidend, das Durchhalten die Krönung.

Start in Boston
…am Atlantik

Als ich vor sieben Jahren aufgebrochen bin meinen Traum zu erfüllen, von der Ostküste der USA quer durchs Land an die Westküste zu fahren, meine Füße in den Atlantik und zwei Monate später in den Pazifik zu stecken, hatte ich nur eine Angst. Nein, nicht das, was andere versuchten mir einzutrichtern. Existenzängste, denn schließlich hatte ich meinen Job gekündigt, war nicht mehr ganz jung und würde bstimmt keinen Job mehr finden, da war man sich sicher.

Nein, meine Angst war eine ganz andere. Mich trieb nur eine Frage um: bin ich genug? Reicht es, einfach nur ich selbst zu sein? Manch einem mag das seltsam erscheinen, aber für mich war das die entscheidende Motivation.

Dass ich zu einem sehr frühen Zeitpunkt (kurz hinter Boston?? 😉 ) diese Frage positiv für mich beantworten konnte – ja, es mag sein, dass dies für andere völlig unverständlich ist – hat die Reise durch die USA und zu mir zu einer echten Wende in meinem Leben werden lassen.

Solche Erlebnisse sollten immer wieder aufmerksam ins Leben gerufen werden.

Ende am Pazifik
San Francisco

Das Ziel

Mit der erneuten Motivation das Leben nicht nur im Alltag versinken zu lassen, dem Stress entgegenzuwirken und positiv mit meiner Gesundung umzugehen, habe ich mir ein neues Ziel gesetzt.

Nein, keine große USA-Reise, dieser Wunsch schlummert permanent in mir. Der kann jederzeit aufgeweckt werden.

Seit November letzten Jahres waren praktisch keine Bergtouren mit Höhenmetern oder Schwierigkeiten möglich. Schon vor vielen Wochen hat mich der Neurologe darauf hingewiesen, dass ich dringend zum Muskelaufbau und Ausdauertraining ins Fitness-Studio gehen sollte. Das ist so gar nicht meins. Der lange heiße Sommer hat nicht gerade zu meiner Motivation beigetragen, nach der Arbeit etwas anderes als ausruhen ins Auge zu fassen.

Inzwischen habe ich es endlich geschafft einem Sportverein beizutreten, mit gutem Gerätetraining und fehlender Fitness-Studio-Atmosphäre 😉 . Die Einweisung war hervorragend und die Trainerin hat sich richtig viel Zeit genommen. Und sie hat alles richtig gemacht, indem sie mir ein machbares Programm für den Anfang zusammengestellt hat.

Dass ich dennoch Tricks brauche um dran zu bleiben, liegt an mir. Ich traue mir nicht. Zu oft ist das Sofa verlockend, die Müdigkeit am Abend zu groß. Ich muss mich überlisten. Dazu braucht es ein konkretes Ziel vor Augen. Ein machbares, aber eines, das ohne Training nicht erreicht werden kann.

Großer Trögler

Das Ziel liegt im Stubaital, meiner liebsten Bergtourengegend. Es gibt dort eine Tour, die ich schon ein paar Mal gemacht habe. Rauf nicht so dramatisch mit Seilbahnunterstützung nur 600 Höhenmeter, runter zackige, Knieschnackler 1400HM.

Von der Dresdner Hütte über den Großen Trögler mit seinem Traumblick auf die Stubaier Gletscherwelt, absteigend zur Sulzenau Hütte, wo der Germknödel lockt und ins Tal über den wildromantischen Wilde Wasser Weg. Hier beschrieben von mir selbst 🙂

Ein kleines Ziel in den Augen meines Selbst noch vor einem Jahr, ein großes Ziel für mich heute.

Und jedes Mal, wenn mich das Sofa lockt, werde ich mir sagen müssen: „du verlierst gerade dein Ziel aus den Augen“.

 

 

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