Alles kam anders, loslassen, abschließen, Neuanfang

WertachstauseeWie beginnen? Mit einem Foto. Mit einem Foto, das mit den eigentlichen Geschehnissen nichts zu tun hat, und doch. Das Bild zeigt den kleinen Wertachstausee. Er liegt ziemlich genau 10 km südlich von meiner Wohnung. In den letzten Monaten war er ein häufiges Ziel für eine Feierabend-Rad-Runde. Ich bin keine Rad-Sportlerin, das Fahrrad war für mich – die ich kein Auto besitze – das Fortbewegungsmittel von A nach B. Vielleicht mal ein gemütlicher Ausflug entlang der Augsburger Flüsse Wertach und Lech. Ich bin eher die, die wandern oder mal stramm spazieren (heute sagt man wohl ‚walking‘) geht. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich manchmal lieber eine kleine schnelle Runde mit dem Fahrrad drehe, um den Kopf frei zu pusten. Da sind diese insgesamt 20 flachen Kilometer entlang der Wertach genau richtig. Und der See ist immer zuverlässig schön, idyllisch, beruhigend.

Heute war ich wieder dort. Heute, an diesem Montag, an dem alles anders ist. Na ja, eigentlich ist alles anders seit etwas mehr als einer Woche, aber heute ist der erste Tag, an dem ich die Woche beginne ohne ins Büro zu gehen. Ohne jemals wieder zu eben diesem Job zu gehen, den ich die letzten fünfeinhalb Jahre inne hatte. Ich bin raus.

Voran gegangen waren vier seltsame Wochen. Mit Verletzungen, Vertrauensverlust, Respektlosigkeit meiner bzw. unserer Arbeit gegenüber, Intrigen? Da kann ich nur vermuten. Und das tue ich aus meiner Sicht einfach mal. Ich denke, es ist okay, dass ich ganz auf meiner Seite stehe und ausnahmsweise nicht versuche, die andere Seite zu verstehen. Dazu bin ich zu enttäuscht, verletzt.

In Zeiten wie diesen sollten keine umwälzenden Entscheidungen getroffen werden, die auch noch ein paar Wochen später möglich gewesen wären. Wir alle waren und sind in unserer kleinen Kollegengruppe während der ersten COVID-19-Wochen an einem emotionalen Limit angelangt. Schnell werden Dinge persönlich, schnell reagiert man emotional, schnell werden Bemerkungen interpretiert, schnell gibt es Beschuldigungen, schnell ist man genervt.

Das betrifft tatsächlich jeden einzelnen, mich nicht ausgenommen. Vielleicht, vermutlich, hätte ich mich zu einem anderen Zeitpunkt nicht so schnell persönlich verletzt gefühlt, vielleicht hätten persönlich motivierte emotionale Aussagen der anderen Seite gar nicht statt gefunden.  Irgendwann gab es eine Linie, die überschritten war, eine Aussage, die die Seiten verhärtete und kein zurück mehr möglich machte. Hinterher sind wir vielleicht auch alle schlauer.

Diese Erkenntnis hilft nun nicht mehr.

Wer hier mitliest und mich ein wenig kennt, weiß,  dass Jammern nicht so meine Stärke ist. Ausnahmsweise bekenne ich heute, dass ich mies drauf bin. Und ausnahmsweise bekenne ich, dass ich meinen Job nicht nur echt gerne, sondern, oder gerade deshalb, zudem auch noch richtig gut gemacht habe und schmerzlich vermissen werde. Muss ich mir jetzt einfach mal selber bestätigen. So!

Die ein oder andere Woche möchte ich mir gönnen meine Wunden zu lecken. Im Selbstmitleid zu versinken, die Verletzungen zu verarbeiten. Es gibt keinen Plan, alles ist zu frisch.

Und dann, dann kommt was neues, was auch immer es sein wird. Wie heißt es so schön „wer weiß wozu das alles gut war“.

Bis dahin werde ich wohl noch das ein oder andere Mal zum Stausee radeln und mir den Kopf frei pusten…

 

8 Gedanken zu „Alles kam anders, loslassen, abschließen, Neuanfang“

  1. Lass Dich nicht unterkriegen egal wie besch…die Situation gerade ist!!
    Du hast schon ganz andere Krisen gemeistert 👍👍👍😊

  2. Liebe Claudia, auch von einer weiteren alten Kollegin eine feste Umarmung! Sind die blöd, Dich ziehen zu lassen! Ich hoffe, Du findest eine neue Wirkungsstätte, die Dich genauso glücklich macht und Dich verdient hat. Bis dahin lass Dir Zeit, lecke Deine Wunden und tanke in der Natur auf. In der alten, verlässlichen Kraftquelle…

    Alles Gute, Christine

  3. Liebe Claudia,

    oh, wie ich dieses Gefühl kenne.

    Auf dem Bild oben so viele Grün- und Blautöne. Wie gut, dass Du Dich zum See auf den Weg machst. Und wenn Du ‚mal Zeit hast, lass uns durchaus die „Via Claudia“ (!) gehen.

    Gruß aus dem heute verregneten München,

  4. Ach, wie blöd, liebe Claudia. Ich kann das gut nachvollziehen, mir ging mein Traumjob auch quasi während des Lockdowns verloren. Es zeichnete sich schon länger ab, aber dann kam das letzte Fünkchen. Glücklicherweise waren es keine persönlichen, emotionalen Dinge, wie Du sie erlebt hast. Dennoch ist es natürlich der bescheuertste Zeitpunkt der Welt, einen Job zu verlieren. Und es ist supertraurig, einen Job zu verlieren, den man geliebt hat. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du diese Verletzungen schnell und gut verarbeitest und sich sehr bald neue Dinge auftun.
    Viele liebe Grüße
    Ute

  5. „Ich denke, es ist okay, dass ich ganz auf meiner Seite stehe“: Als eine ehemalige Kollegin aus einer anderen Zeit bin ich das auch. ❤️❤️❤️ Alles Liebe für Dich!

  6. Oh…

    da wird das Gerede, dass jede Krise auch eine Chance birgt, plötzlich furchtbar banal.
    Auch wenn man es selbst so auffassen will. Ich verstehe Dich vollkommen, kann und möchte Dir jetzt keine aufmunternden Ratschläge geben oder Verschen aufsagen, die genauso banal daher kommen – so schlaugeschwätzt und kalenderspruchartig.
    Nur eines: Ich drück Dir die Daumen, dass bessere Tage kommen.
    Liebe Grüße
    Lutz

  7. Um Himmels Willen, was ist passiert? Das hört sich ja schrecklich an!
    Schreib doch mal ’ne Email, wenn Du Zeit und Lust hast.
    Ich mach mir ein bisschen Sorgen um Dich.
    Liebe Grüße aus Berlin
    Michael

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