Ein sehr persönlicher Jahresrückblick 2023

Gerade habe ich einen Blick in meinen Jahresrückblick 2022 geworfen und festgestellt, dass sich die ein oder andere Passage leicht hier einfügen ließe.

Zum Beispiel diese: „Während des Jahres und besonders jetzt, am Jahresende, denke ich oft „dieses Jahr habe ich aber wenig unternommen“. Und dann höre ich von Freunden „aber du bist doch ständig unterwegs“. Der Schein trügt natürlich. Von beiden Seiten aus gesehen.“

Das gesamte Jahr hatte ich das Gefühl, ich halte ganz gut durch. Kleine Zipperlein, aber ansonsten gesund. Jetzt zum Jahresende hat es mich voll erwischt. Zwei Wochen krank. Ausgeknockt.

So also sitze ich nun hier und nehme mir die Zeit dieses weltpolitisch so heftige Jahr 2023 Revue passieren zu lassen. Zwischenzeitlich habe ich überlegt, warum ich so oft müde und erschöpft bin. Nicht körperlich (das erklärt sich durch äußere Umstände), mental. Meine Vermutung ist, dass es so unglaublich viel Energie kostet sich immer wieder mental von den Gräuel dieser Welt abzuschotten. Ich glaube wir unterschätzen dieses Ausmaß an Energie. Und ich rede hier nicht von ‚die Augen verschließen‘, sondern davon, dass wir nicht alles immer verarbeiten können und Atempausen brauchen.

Und damit endet mein Ausflug in die allgemeine Weltlage auch schon, weil das hier ja ein persönlicher Jahresrückblick werden soll.

Reise-Highlight

Auch dieses Jahr gab es wieder ein Highlight. Ein Reise-Highlight natürlich. Wie auch immer ich darauf gekommen bin, es ging nach Neufundland. Ich mag den Norden, Neues entdecken, ein Reiseziel, das nicht jeder hat und das ich noch nicht kannte. Anfang Mai ging es für zwei Wochen auf diese nördliche kanadische Insel.

Während des Reisens in Neufundland war ich mir oft nicht so sicher, ob ich restlos begeistert bin. Oder mich doch wegen das schlechten Wetters und der noch geschlossenen Nationalparks eingeschränkt gefühlt habe. Spätestens beim Anblick des Packeises und später der Eisberge sind alle Bedenken verschwunden. Heute, Monate später, denke ich darüber nach, dass ich unbedingt noch einmal hin möchte. Ich habe die wunderbare Fähigkeit das Schöne mit Begeisterung in Erinnerung zu behalten und eventuelle Unwägbarkeiten – wie einen Schneesturm im Mai – als Abenteuer zu deklarieren. Vermutlich hab ich deshalb so viel Freude daran mit mir zu reisen 😉 .

Singen

Ein Jahr bin ich nun schon in meinem neuen Chor, dem Kirchenchor St. Paul in Augsburg. Und unglaubliche neun lange Jahre im Frauenchor Chorado. Wie jedes Jahr waren wir mit Chorado im August ein paar Tage im Bayerischen Wald und auch wie jedes Jahr war es motivierend und schön miteinander. Allem voran, weil wir in der tollen Kirche von Kloster Windberg einen Gottesdienst singen durften.

Der Chor von St. Paul spielt in einer anderen Liga und ich bin jedes Mal erstaunt, dass ich es schaffe die Stücke hinzubekommen. Im März waren wir auf einem Chorwochenende und das war für mich richtig super, weil ich so wenigstens ein paar der ChorsängerInnen kennenlernen konnte. Zwei große Konzerte haben wir in diesem Jahr 2023 gesungen, einen ‚Nordischen Sommer‘ mit etlichen schwedischen Texten, eine besondere Herausforderung. Und ein grandioses Weihnachtskonzert, das die Kirche gefüllt hat und uns Standing Ovations brachte. Eine einzige Freude.

Ich gestehe, es fällt mir nicht immer leicht nach der Arbeit gleich wieder aufzubrechen zu Proben, aber singen macht (mich) einfach glücklich.

Abschiede

Mit leicht über 60 bin ich jetzt wohl in einem Alter, in dem ich an Abschieden nicht mehr vorbei komme. 2022 war geprägt davon, 2023 hielt sich in Grenzen. Dennoch ist es interessant zu sehen, dass erst durch den Verlust eines Menschen, sein Wert so richtig entdeckt wird. Zumindest ging es mir mit David so. Er war eine ruhige Konstante in unserer Stammkneipe. Ich kannte ihn nur ein paar Jahre, aber wir haben uns oft in der Kneipe gesehen und uns gerne auch unterhalten. Und weil David, ein Schotte, mein schnelles Deutsch nicht gut verstehen konnte, haben wir uns auf englisch geeinigt – so bin ich auch ein bisschen in Übung geblieben. Die meisten von uns treffen sich in der Kneipe zum Fußball schauen. David interessierte sich gar nicht für Fußball, aber er kam wegen der Geselligkeit.

Eines Tages im März verstarb er still und leise in seinem Bett an einem Herzinfarkt. David wurde 54 Jahre alt.

Auf der Trauerfeier, zu der auch die schottische Familie angereist war, wurde gefeiert, getrauert, geweint, getrunken, Davids Lieblingsessen – Köfte-Sandwich – gespeist und viele Erinnerungen getauscht. Noch Wochen später, wenn ich abends mal in die Kneipe bin, hab ich erwartet David dort sitzen zu sehen. Es gibt irgendwo einen Liedtext, der das Gefühl so gut wieder gibt ‚the absence of his laughter is a cold and empty sound‘.

Der andere Abschied ist nicht zu vergleichen und ist (hoffentlich) auch noch kein endgültiger. Nach vielen Jahren sehr engen Kontakts mit meinem Bruder, ist der nun abgebrochen. Ein Jahr ohne ein Treffen oder auch nur ein Telefonat. Ein paar wenige Messages, aber keinerlei Austausch. Über den Grund kann ich nur Vermutungen anstellen und das Stillschweigen akzeptieren. Ich war traurig und verletzt, heute denke ich, es geht ihm vermutlich gut, er braucht das und dann ist das auch gut so. Ich vermisse unsere Verbundenheit, das Hin- und Herschicken von Fotos und Begebenheiten aus unseren Leben. Aber auch das ist in Ordnung, jeder geht eben auf seine Art mit Veränderungen im Leben um.

Ein Abschied aus dem letzten Jahr, Charlottes, hallt lange nach und wird es vermutlich noch eine ganze Weile. Sie ist so oft in meinen Gedanken präsent und so auch bei Freunden. Zu dritt wollten wir ihren Jahrestag im September an einem Ort verbringen, der ihr wichtig war und den wir mit ihr in Verbindung bringen. Das war ein Ausflug zum Ammersee. Was für ein schöner Tag, es wurden Geschichten erzählt, erinnert und wir drei genossen das Zusammensein. So soll das sein.

Segelboote auf dem Ammersee, Sonnenschein, Schleierwolken, Berge im Hintergrund

Kleine Fluchten

Um nicht in Melancholie zu  verfallen folgt nun die obligatorische und Lieblingsrubrik. Kleine Fluchten sind Tagesausflüge in die Berge, an Seen, Radtouren, Wanderungen in der Umgebung und dieses Jahr auch zweimal Touren in die alte Heimat an die Mosel und ins Saarland. Eben alles das, was mich aus meinem Alltag entführt und eigentlich immer mit Natur verbunden ist. Und wie schon in den letzten Jahren sind es gefühlt zu wenige Ausflüge in die Berge. Dennoch bin ich dankbar für jeden Tag, an dem ich mich hab aufraffen können und von dem ich heute zehren kann.

Berg-Ausflüge im Schnelldurchlauf 🙂 .

Das Jahr startete, wie ich es liebe, am 1. Januar mit einer Umrundung des Hopfensees. Seit ich dort vor ein paar Jahren in Reha war, fahre ich gerne dorthin und erfreue mich an dem tollen Blick auf die Berge des Allgäus. An ‚meiner‘ Aussichtsbank erinnere ich mich daran, dass es damals mein kleinstes Ziel war wieder bis hierher laufen zu können. Lange her, aber oft präsent. Und der Blick ist es schon wert, nicht wahr 🙂 .

Blick bei Sonnenschein auf den Hopfensee. Im Hintergrund die Berge des Allgäus, die sich im See spiegeln.Im Februar ging es gleich zweimal los. Einmal nach Immenstadt auf den Mittag und nach Pfronten auf den Breitenberg/Ostlerhütte. Da wollte ich schon immer mal hin, vor allem wegen der Aussicht. Ist bei beiden Touren einfach nur grandios. Überhaupt, die Aussicht. Oben sein und runter oder rüber oder drüber gucken, das muss nicht immer ganz zu Fuß sein, inzwischen erlaube ich mir öfter mal eine Bahn…

winterlicher Panorama-Blick über sonnige verschneite Bergwelt

Auf dem Mittag

Foto von der Ostlerhütte An meinem Geburtstag im März mache ich, so das Wetter mitspielt, gerne eine kleine Wanderung. Entweder in Begleitung oder auch alleine. 2023 gab es gleich drei Touren, einmal zum Alpsee bei Füssen, ins Murnauer Moos und am Geburtstag selber eine kleine Tour ab Pfronten. Ich mag es an besonderen Tagen im Jahr Dinge zu tun, die mein Leben bereichern und mich glücklich machen. Laufen in den Bergen gehört unbedingt dazu.

Blick auf den blau leuchtenden Alpsee
Alpsee
Murnauer Moos

Und weil es so schön da ist und von Augsburg aus so prima mit dem Zug zu erreichen, bin ich im Juni spontan nochmal nach Füssen. Dieses Mal über den Kalvarienberg zum Schwansee und weiter zum Alpsee. Kleine Badepause inkludiert. Diese freien Tage unter der Woche, an denen ich mich aufraffen kann was zu unternehmen, sind wie Kurzurlaube. Mir mögen die Tage danach alle Muskeln schmerzen, es fühlt sich dennoch an wie tiefes Atemholen. Alles Belastende wird ausgeblendet, nur genossen.

Kalvarienberg bei Füssen

Auch ins Murnauer Moos zog es mich ein zweites Mal, mit Begleitung, was mich immer total freut. So sehr ich meine spontanen Alleingänge liebe, weil ich mich eben nach niemandem richten muss und je nach Laune die Route auch mal ändere, um so mehr freue ich mich darüber in Gesellschaft zu sein. Und beim Wandern ist sowohl das Schweigen als auch das Reden ein völlig anderes. Ich mag beides, zu zweit aber am liebsten 🙂 .  Im Sommer sind Wanderungen an Seen eine prima Sache, da ist nämlich ein kleiner Badestop immer mal drin.

Nahaufnahme einer blühenden Wiese, im Hintergrund Bergsilhouette Der Herbst ist meine liebste Jahreszeit, generell, aber in den Bergen im besonderen. Das Licht ist so toll und es ist nicht mehr so heiß. Zwei Ausflüge gab es, allein auf den Tegelberg (mit der Bahn, ich wollte oben eine Tour machen) und zu zweit mit Hund im Allgäu bei Oberstdorf auf das Riedberger Horn.

Der Tegelberg ist so ein bisschen mein Berg. Damals in der Reha konnte ich ihn in der Ferne immer sehen. Die letzte Wanderung vor der Reha war zu Fuß auf den Tegelberg. Und seitdem war das Ziel irgendwann mal wieder raufzulaufen. Dieses Jahr nicht, ich wollte ja oben was machen. Leider hab ich den Weg nicht so recht gefunden und umdisponiert. Statt dessen bin ich über die Rohrkopfhütte – mit Einkehrschwung und Kaiserschmarrn – abgestiegen. Jaaaa, das wurde belohnt mit höllischem Muskelkater.

Im Allgäu war eine Freundin aus Köln auf Urlaub und ich konnte meinen freien Tag nutzen um sie zu besuchen. Ich wollte eine kleine Tour mit Gipfelblick und das hat voll funktioniert. Ein schöner Abschluss des Bergjahres.

Kaiserschmarrn Mosel, Saarland, ein bisschen Heimat

Bin ich früher, als meine Mutter noch lebte, fast einmal im Monat nach Trier gefahren, so gab es dieses Jahr keinen echten Grund mehr. Aber Heimat ist Heimat und ich mag schon seit jetzt 40 Jahren weggezogen sein, Trier, die Mosel, das bleibt. Warum also nicht ein paar Urlaubstage dort verbringen. Früher hab ich mir die Zeit nicht nehmen können, aber nun, ohne familiäre Verpflichtungen zieht es mich hin. Wobei, familiäre Verbindungen sind ja noch da, aber eben ohne Verpflichtung. Ein Luxusgut.

Zwei schöne Wanderungen an den Moselhängen. Im Sommer beim Besuch von Cousin und Cousine, im Saarland und an der Mosel. Im November ein Alleingang mit Wildschwein-Begegnung und daraus resultierendem Umkehrschwung 😉 .

Bummeln durch die Stadt, gemeinsames Mittagessen, shoppen, Trier als heimatverbundene Touristin erleben. Unternehmungen mit Cousins und Familie. Wir sind nicht mehr so viele, die Eltern sind nun alle weg, die Älteren sind wir. Umso mehr genieße ich es ab und zu alle zu sehen.

Vor ein paar Jahren kam eine ’neue‘ Cousine hinzu, in Augsburg, mütterlicherseits. Irgendwie hatten komplizierte Familienverhältnisse dazu geführt, dass wir uns erst spät, nach 50 Jahren, kennenlernen konnten. Ich finde es toll, dass da noch jemand hinzugekommen ist.

Okay, ich komme zum Ende mit ein paar Fotos aus der alten Heimat, guten Gedanken an das vergangene Jahr, denn die schlechten lasse ich gerne zurück.

Auf dem Calmonter Höhenweg

Nach Begegnung mit einem Wildschwein hier im Wald. habe ich den Rückzug angetreten. Ganz schöner Schreck.
Im Sommer im Saarland
An der Mosel bei Traben-Trarbach
Auf ein gutes neues Jahr!

Wie jedes Jahr bin ich bass erstaunt darüber, was alles zusammengekommen ist und es gäbe sicher noch einiges mehr zu erzählen. Wäre ich das Jahr über nicht so schreibfaul gewesen …. nicht zu ändern.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen zu erwähnen. Es war auch ein recht ordentliches Lesejahr. Auch wie immer denke ich, es ist zu wenig, gerade für die Arbeit, und dann sind es doch an die 100 Bücher und mehr ist einfach nicht drin. Hallo, ich hab ja noch ein Leben neben dem Lesen 😀 .

Und jetzt schaue ich nach vorne auf 2024 und lasse mich überraschen wohin es mich zieht. Tatsächlich gibt es bisher keine konkreten Reisepläne, aber auch das ist nichts Neues.

 

2 Gedanken zu „Ein sehr persönlicher Jahresrückblick 2023“

  1. Liebe Claudia,

    es war ein Vergnügen, deinen Jahresrückblick zu lesen und die Bilder zu betrachten.
    Ich wusste gar nicht, dass wir in etwa gleich alt sind und beinahe nicht mehr, dass wir beide im März Geburtstag haben. 😉
    Ich wäre froh, ich würde 100 Bücher im Jahr schaffen und so oft in die Berge kommen und Neufundland ist mir seit „Schiffsmeldungen“ als etwas zwiespältiger Sehnsuchtsort geblieben.
    Deshalb dieser kleine Gruß hier an dich, an Augsburg und an unsere gemeinsame Zeit bei Pustet.
    liebe grüße, Anita

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